02.10.2024
Am 27. September 1944 fand eine der dramatischsten und verlustreichsten Luftschlachten des zweiten Weltkrieges zwischen deutschen Jagdflugzeugen, amerikanischen Bombern und Jagdflugzeugen im Luftraum über Bad Hersfeld und Eisenach statt. Dazu wurde im Jahr 1990 dieses wohl einmalige Mahnmal im Seulingswald bei Friedlos errichtet, wo alljährlich eine Gedenkfeier für die in dieser dramatischen Luftschlacht gefallenen amerikanischen und deutschen Flugzeugbesatzungen stattfindet. Genau an diesem denkwürdigen Ort, in unmittelbarer Nähe der Zufahrtsstraße zur Abfallentsorgungsanlage des Kreises Hersfeld-Rotenburg, zerschellte die Führungsmaschine der amerikanischen Bomberflotte, die von einem deutschen Jagdflugzeug abgeschossen wurde. Dort sind auch die drei Gedenksteine aufgestellt, auf denen die Namen der amerikanischen und deutschen Flieger aufgeführt sind, die bei dieser verheerenden Luftschlacht mit ihren Flugzeugen abgeschossen wurden und in den Tod stürzten.
Debakel für die amerikanische Luftwaffe
Auf amerikanischer Seite offenbarte sich ein Debakel. Von den 35 Flugzeugen gingen 31 verloren. Der ganze Bomberpulk wäre wohl vernichtet worden, wären nicht in letzter Minute US-Begleitjäger zur Hilfe gekommen. 118 Amerikaner starben, darunter waren 11 Piloten, die nach ihrer Fallschirmlandung der Lynchjustiz zum Opfer fielen. 121 überlebten in deutscher Kriegsgefangenschaft. Es waren die höchsten Verluste, die eine US-Bombergruppe bei einem Einsatz im 2. Weltkrieg je erlitt.
Am 01.08.1990 wurde diese Gedenkstätte, finanziert mit Mitteln des damaligen Bundeskanzlers Dr. Helmut Kohl, der Hessischen Landesregierung während der Amtszeit des Ministerpräsidenten Hans Eichel, des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge, Spenden von privater Seite aus der Bundesrepublik Deutschland sowie aus den USA, mit Unterstützung der Gemeinde Ludwigsau und der Hessischen Forstverwaltung, in der Nähe der Absturzstelle der Führungsmaschine errichtete Gedenkstätte, eingeweiht.
Erinnerung an Walter Hassenpflug
Hauptinitiator zur Errichtung dieser Fliegergedenkstätte war damals Walter Hassenpflug, der am 26. Februar 2017 verstarb. Er hatte sich damals zusammen mit dem ehemaligen amerikanischen Bomberpiloten Frank Bertram und weiteren amerikanischen Fliegern, die das Debakel der Luftschlacht überlebt hatten, unermüdlich und maßgeblich dafür eingesetzt, dass dieses Mahnmal zur Erinnerung an die in der Luftschlacht gefallenen Besatzungen der amerikanischen und deutschen Flieger erschaffen wurde.
Auszüge aus der Gedenkrede von Ludwigsaus Bürgermeister Patrick Kuhn
„Die Fliegergedenkstätte ist seit ihrer Errichtung im Jahr 1990 ein Ort des Erinnerns, des Gedenkens, Ermahnens und Versöhnens und hat im Hinblick auf das heutige weltpolitische Geschehen eine besondere Wahrnehmung und Bedeutung. Die Möglichkeit, an diesem Ort zu Gedenken und innezuhalten, haben wir dem unermüdlichen Einsatz und Anstoß von Walter Hassenpflug, Frank J. Bertram und William Dewey zu verdanken. Dieser Ort, der daran erinnert, dass in kurzer Zeit 136 Menschen ihr Leben in Kämpfen verloren haben – 118 amerikanische und 18 deutsche Flieger – hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Menschen zusammengeführt und zur Aussöhnung und Versöhnung beigetragen. Hierzu haben sich ehemalige Flieger beider Seiten bei der Einweihung der Gedenkstätte die Hände gereicht – eine sehr symbolträchtige Geste. Heute ist keiner dieser Personen mehr anwesend, aber ihre Geste bleibt bestehen. Die nachfolgenden Generationen müssen sich dieser Geste und ihrer Bedeutung bewusstwerden. Aus der Vergangenheit lernen, um die Gegenwart und Zukunft zu gestalten. Sich zu erinnern ist wichtig, um nicht zu vergessen. Hierbei möchte ich alle einschließen, die sich jedes Jahr am 27. September versammeln, um zu gedenken. Wir erinnern uns dabei auch an diejenigen, die heute nicht mehr dabei sein können auf Grund ihres Alters oder weil sie schon von uns gegangen sind.
Wir haben am heutigen Tag wie alljährlich im Besonderen derer gedacht, die an der Luftschlacht am 27. September 1944 beteiligt waren. 136 Flieger haben dies nicht überlebt. Auf den Tafeln können wir ihre Namen lesen – jeder Name steht für ein Leben, eine Familie, einen Menschen. Wir müssen uns ihrer immer erinnern, denn jeder einzelne Name ermahnt uns – immer und immer wieder. Wir müssen die Erinnerung wachhalten, um das Wissen um Tod, Leid, aber auch um Versöhnung, Aussöhnung und Frieden weiterzugeben. Auch, wenn es in der heutigen Zeit aufgrund der weltpolitischen Situation immer schwerer wird, bedarf es immer wieder der Ermahnung.“
Ein persönliches Wort an die Freunde aus den USA:
„Sehr geehrte Gäste und Freunde aus den USA,
es ist mir eine große Freude und Ehre, Sie heute hier begrüßen zu dürfen. Sie haben einen langen Weg auf sich genommen, um an dem heutigen Gedenken hier an der deutsch-amerikanischen Fliegergedenkstätte teilzunehmen. Ich bin ihnen für ihre Anwesenheit heute sehr dankbar, denn es zeigt die enge Verbindung unserer beiden Nationen, die sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Für diese Entwicklung, die nicht als selbstverständlich anzusehen ist, können und müssen wir dankbar sein. Zu dieser Entwicklung haben die drei Initiatoren der Gedenkstätte wesentlich in ihrem möglichen Rahmen beigetragen: Walter Hassenpflug, Frank Bertram und William Dewey. Ich danke Ihnen von Herzen für ihr Wirken!“
Weitere Redner waren der Vorsitzende des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge, Karl Starzacher, Kreisbeigeordneter und Ehrenbürgermeister Thomas Baumann für den verhinderten Landrat Torsten Warnecke, Major Horst Knauff vom Landeskommando Hessen der Bundeswehr, die Tochter des bei der Luftschlacht umgekommenen US-Piloten William A. Dewey, Linda Dewey, für die „Kassel Mission Historical Society“. Sie wies in ihrer Rede auf den letzten noch lebenden der damaligen
US-Bomberbesatzungen hin, den mittelweile 100-jährigen Jim C. Baynham aus Texas, der ihr eine Botschaft mit auf die weite Reise nach Europa gab: „Er sei sehr dankbar dafür, dass wir die Menschlichkeit wiedererlangt haben.“ Ein mehr als denkwürdiger Satz von einem, der den Krieg hautnah miterlebt und, Gott sei Dank, überlebt hat!
Musikalisch wurde die Feier von Jürgen Sprenger mit einem Trompetensolo, der GBO Bigband und dem gemischten Chor „Liederkranz Friedlos“ begleitet. Das Fürbittengebet sprach Pfarrerin Janina Richter und es folgte das gemeinsam gesprochene „Vaterunser“. (G.M.)
Freundschaftlicher Händedruck vor der Ehrentafel der gefallenen Flieger.
Im Bild mittig Linda Dewey, die Tochter des bei der Luftschlacht ums Leben gekommenen US-Piloten William A. Dewey.
Die Ehrenwache wird von der Reservistenkameradschaft der Kreisgruppe Osthessen gestellt.
Bürgermeister Patrick Kuhn bei seiner Begrüßung.
Herr Karl Starzacher, der ehemalige Landtagspräsident und Finanzminister des Landes Hessen, hält als
Vorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. die Gedenkrede.
In Vertretung für Landrat Torsten Warnecke hält Kreisbeigeordneter und Ehrenbürgermeister
Thomas Baumann die Ansprache.
Major Horst Knauff von der Bundeswehr Landeskommando Hessen bei seiner Rede.
Pfarrerin Janina Richter hält das Fürbittengebet.
Zahlreiche amerikanische und deutsche Gäste waren erschienen.
Die GBO-Bigband unter der Leitung von Andreas Winter.
Der Trompeter Jürgen Sprenger beim Trompetensolo.
Bilder: (Gerhard Manns)